Albert-Schweitzer-Kinderdorf

Albert-Schweitzer-Kinderdorf

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20 Jahre lang Ferienlageratmosphäre

Verantwortung für benachteiligte Kinder übernehmen 

Hier ist alles eine Nummer größer als gewohnt: Die Wohnhäuser haben drei Stockwerke und viele Zimmer. An der Garderobe hängen jede Menge Jacken und Mützen, darunter stehen Schuhe in allen Größen. Im Waldenburger Albert-Schweitzer-Kinderdorf finden Kinder und Jugendliche aus schwierigen Verhältnissen ein neues Zuhause. Sie wohnen in sieben Familien, es gibt zwei Außenstellen und eine Mädchenwohngruppe. Wenn sich ein Ehepaar entschließt, als Kinderdorffamilie zu leben, ist es meist nicht nur für eine kurze Zeit – zwanzig Jahre sind keine Seltenheit. Zu den eigenen Kindern kommen noch bis zu sieben weitere hinzu. 

 

Melanie Grochalsky wird gerne als typische Hausmutter bezeichnet. Seit 16 Jahren lebt sie mit ihrem Mann und den zwischenzeitlich drei eigenen und fünf aufgenommenen Kindern in einem Haus im Waldenburger Kinderdorf. Das Ehepaar hat sein vorheriges Leben wie bei einer Auswanderung zurückgelassen. Bevor sie Kinderdorfmutter wurde, ging Melanie Grochalsky acht Jahre lang als Erzieherin einer anderen Familie zur Hand. Damit kein Missverständnis aufkommt: Eine Kinderdorffamilie ist zwar der Mittelpunkt des Lebens in einem Haus, doch die Eltern müssen nicht alles selbst managen. Pro Haus bilden zwei Erzieherinnen und Erzieher, eine Hauswirtschaftskraft, ein FSJler oder Auszubildender zum Jugend- und Heimerzieher zusammen mit der Hausmutter das Team, das sich um das Wohlergehen der Kinder kümmert. Der Vater unterstützt die Familie, arbeitet aber außerhalb. „Wir wollen den Kindern ein Zuhause bieten“, fasst Melanie Grochalsky ihre Aufgabe zusammen. Das Kinderdorfkonzept ist auf Dauer angelegt. 

In den Familien werden Kinder von denn ersten Lebenstagen bis zum Alter von 13 Jahren aufgenommen, die außerhalb ihrer ursprünglichen Familie einen geeigneten Lebensort brauchen, deren leibliche Eltern mit der Erziehung überfordert sind, die von seelischer Behinderung bedroht sind, deren Kindeswohl gefährdet ist und die über einen längeren Zeitraum einen stabilen Lebensraum außerhalb ihrer Herkunftsfamilie benötigen. Durch die intensive Form des Zusammenlebens in einer Kinderdorffamilie spüren die jungen Menschen ein hohes Maß an Stabilität, Verlässlichkeit, Orientierung und Schutz. Das pädagogische Konzept und die erfahrenen Fachkräfte ermöglichen eine konsequente Erziehung. Jede Kinderdorffamilie gestaltet ihren Alltag selbst: Gemeinsame Mahlzeiten, Freizeit und Feste fördern die Entwicklung einer vertrauten Atmosphäre, die den Pflegekindern Geborgenheit gibt. Ziel ist es, dass die Kinder ab dem Alter von 16 Jahren immer selbstständiger und so auf ein eigenverantwortliches Leben vorbereitet werden. „Die Kinder haben aber auch danach immer noch eine Anbindung und einen Rückzugsort“, macht Melanie Grochalsky klar. Das zeige sich beispielsweise an Weihnachten, wenn neben den eigenen Verwandten und Kindern auch aktuelle und ehemalige Pflegekinder kommen – das können bis zu 30 enschen sein. „Dann reicht selbst unser großes Haus nicht aus, wir müssen in unseren Dorfsaal ausweichen.“ 

 

Die Entscheidung, als Eltern in das Kinderdorf zu ziehen, ging relativ schnell, erzählt Melanie Grochalsky rückblickend. Ihr Mann Thomas konnte sich schon vorher ein Bild der Tätigkeit machen, als er seine damalige Freundin bei ihrer Arbeit besuchte. Er ist langsam in die Aufgabe hineingewachsen. „Ich nehme mir aber auch einige Freiheiten heraus“, betont er. So ist er nach wie vor mit seinem Motorrad unterwegs. Das Leben mit vielen Kindern und ohne viel Privatleben sei schon etwas anders, „man muss sich darauf einlassen.“ Thomas Grochalsky fasst zusammen: „Erst nach 22 Uhr können wir uns zu zweit zurückziehen.“ Er vergleicht das Leben im Kinderdorf mit einem Ferienlager, „das aber 20 Jahre lang dauert“. Der Antrieb für das Ehepaar ist, dass sie durch ihre Arbeit „vielen Kindern ein gesichertes Leben ermöglichen“. Diese können hier spielen, erhalten eine gute Erziehung und können unbeschwert groß werden. „Sie erleben Gemeinschaft und bekommen den entsprechenden Rückhalt“, bringt es Melanie Grochalsky auf den Punkt.  

 

Als Mutter lassen sich Beruf und die Familie wunderbar unter einen Hut bringen. „Wir haben für unsere eigenen drei Kinder nie einen Babysitter benötigt, es waren immer genügend Fachkräfte da“. Als Hausleitung ist Melanie Grochalsky für den Arbeitsplan zuständig. Wenn sie und ihr Mann an einem Abend ausgehen möchten oder eingeladen sind, dann werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eben so eingeteilt, dass es passt. Außerdem wohnt im Nachbarhaus eine Familie, der es ebenso geht – man hilft sich dann eben gegenseitig aus. 

 

Die 16-Jährige Kirsten, die leibliche Tochter der Grochalskys, ist als kleines Baby mit ins Kinderdorf eingezogen. Sie kennt kein anderes Leben: „Ich bin mit vielen anderen Kindern groß geworden.“ Sie musste sich auch nicht nach Freundinnen und Freunden umschauen, „bei uns im Haus ist immer etwas los, es wird nie langweilig“. Zu den Aktivitäten der eigenen Familie kommen die Angebote im Dorf: Die Kinder können ein Instrument lernen, musizieren und singen gemeinsam, bolzen auf dem Sportplatz, gehen zum eigenen Abenteuerspielplatz oder engagieren sich in sozialen Projekten. Dazu gehört auch der Café-Treff. Wie bei einer Schülerfirma sind die Kinder bei diesem erlebnispädagogischen Angebot für die komplette Organisation zuständig: Was wollen sie anbieten? Wer kauft ein? Was sollen Waffeln, Tee und die heiße Schokolade kosten? Durch die lebenspraktische Arbeit im Café lernen sie den Umgang mit Menschen und das richtige soziale Verhalten. Auch in anderen Bereichen wird großer Wert darauf gelegt, dass die Kinder lernen, sich selbst richtig einzuschätzen. Sie müssen ihre eigenen Gefühle und Bedürfnisse klar äußern und die der anderen wahrnehmen. In der Gruppe lernen die jungen Bewohnerinnen und Bewohner, angemessen auf Konflikte zu reagieren.  

 

Wie jede andere Familie auch, fahren die Grochalskys mit ihren Kindern und dem gesamten Team in den Urlaub, meist auf einen Zeltplatz. Wenn sie sich mit zwei Bussen, vielen Kindern und mehreren Frauen auf den beiden angemieteten Stellplätzen ausbreiten, dann schauen die Nachbarn manchmal neugierig – im Kinderdorf ist eben alles etwas anders als gewohnt.

Weitere Informationen und das Spendenkonto: 

www.albert-schweitzer-kinderdorf.de

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